07.02.2025

36 Jahre und 8 Monate für Abdelhafiz O. - weil er das Boot steuerte

Update zum Fall von Abdelhafiz O. aus Ägypten – lest hier mehr über seine Geschichte hier.

Kreta, Griechenland. Heute, am Freitag, den 7. Februar 2025, fand der Prozess gegen Abdelhafiz O. statt, der in einem schockierenden Urteil endete: Der zweifache Vater wurde zu 36 Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. Dieses verheerende Urteil ignoriert die Aussagen von Passagier*innen, die bestätigten, dass Abdelhafiz kein Schleuser sondern lediglich ein Passagier war wie sie, der das Boot steuerte einzig und allein, weil es keine Alternative gab.

Seine Familie in Ägypten – seine Frau und seine beiden Söhne – sind zutiefst erschüttert von dem Urteil. Sie können nicht begreifen, wie ein Vater und Migrant als Krimineller behandelt wird, nur weil er eine lebensgefährliche Überfahrt überlebt hat. Er hat bereits über 1 Jahr in Untersuchungshaft verbracht.

Schon vor dem Prozess hatten acht Passagier*innen ausgesagt, dass Abdelhafiz und eine weitere Person das überfüllte und unsichere Boot nur deshalb gesteuert hatten, weil niemand sonst dazu in der Lage war. Sie betonten, dass Abdelhafiz keinen finanziellen Vorteil aus der Überfahrt gezogen habe und dass sie stattdessen zwischen 5.000 und 8.000 Euro an unbekannte Schleuser in Libyen gezahlt hätten. Im heutigen Prozess erkannte das Gericht zwar mildernde Umstände an, hielt jedoch an der Anklage wegen Menschenschmuggels fest – unter Verweis auf die Tatsache, dass er das Boot gesteuert habe.

Zwar sind wir erleichtert, dass die lebenslange Haft, die ihm ursprünglich drohte, durch unsere Anwältin abgewendet werden konnte. Angesicht dessen, dass alles was er tat, lediglich darin bestand, das Boot zu steuern, mit dem er und andere versuchten, das Mittelmeer zu überqueren, sind 36 Jahre jedoch alles andere als ein Anlass zur Freude, sondern weiterhin eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

Dieses Urteil ist ein weiteres erschreckendes Beispiel dafür, wie die europäische Grenzpolitik Migrierende und die Überlebenden gefährlicher Überfahrten bestraft, anstatt sie zu schützen. Abdelhafiz ist – wie so viele andere – ein Sündenbock für ein System, das Menschen in lebensbedrohliche Situationen zwingt und sie dann dafür kriminalisiert.

Wir stehen an der Seite von Abdelhafiz O. und seiner Familie und fordern:

  • Freiheit für alle, die wegen des „Steuerns eines Bootes“ in Ermangelung sicherer Alternativen inhaftiert wurden.
  • Ein Ende der Kriminalisierung von Migration und der Verfolgung von Menschen auf der Flucht.
     

Die Geschichte von Abdelhafiz O. steht exemplarisch für eine tiefere Krise: Während die eigentlichen Verantwortlichen für diese tödlichen Überfahrten – die EU und ihre Mitgliedsstaaten – ungestraft bleiben, werden unschuldige Menschen verantwortlich gemacht. Dieses Urteil macht einmal mehr deutlich, wie dringend Europas Anti-Schleuser-Gesetze abgeschafft werden müssen.


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