Unsere Arbeit – Sommer Update von Lesbos
Mytilini, 28.8.2018
Seit mehr als drei Jahren sind wir nun mit einem ständigen Team vor Ort auf der Insel Lesbos aktiv. Die Zeiten haben sich seit dem Beginn unserer Arbeit stark verändert. Während im Sommer 2015 täglich mehrere Tausend Menschen ankamen und in 1-2 Tagen die Insel verlassen konnten, kommen nun 1-2 Boote täglich an und verlassen die Insel frühestens nach 3 Monaten; in den allermeisten Fällen beträgt die Wartezeit nun 1-2 Jahre. Das Inkrafttreten des EU-Türkei Deals hat diesen Limbo ausgelöst und die Insel zu einem oft sogenannten Freiluftgefängnis gemacht. Auch einige unserer Kolleg*innen sind davon betroffen und warten nun bereits seit dem 21.03.2016 darauf, auf das griechische Festland weiterreisen zu können. Seit ein paar Tagen hat die offiziell Zahl an Geflüchteten erstmalig die 10.000 überschritten. Noch nie seit dem Deal lebten so viele Geflüchtete auf Lesbos. Die meisten davon sind im sogenannten Hotspot Moria untergebracht, ein Lager vor dessen katastrophalen Zuständen Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International und viele andere andauernd warnen.
Immer wieder kommt es in Moria zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. In der Nacht zum 10.07. wurden 12 Personen bei einem Streit zwischen arabischsprachigen und afghanischen Geflüchteten schwer verletzt und mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Fünf Zelte wurden in Brand gesteckt[1]. Zuvor kam es bereits Ende Mai zu Ausschreitungen, bei denen sechs Menschen schwer verletzt wurden. Die Situation veranlasste viele Kurd*innen, das Lager aus Sicherheitsgründen zu verlassen.
Insgesamt sind aktuell auf Lesbos ca. 40 NGO’s im Bereich Flucht und Migration aktiv, die in den letzten Monaten zunehmend unter politischen und finanziellen Druck geraten. Eine solidarische Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteur*innen auf Lesbos steht teilweise vor großen Herausforderungen; häufig gerät hierbei die Kommunikation mit langjährigen Inselbewohner*innen bei der Durchführung von Projekten und Initiativen in den Hintergrund. Ebenso wirft dies die Frage nach Handlungsmöglichkeiten auf der Insel auf. Unser Ziel ist es, nicht ausschließlich einen Status Quo ertragbar zu gestalten. Geflüchtete haben immer wieder berechtigt die Kritik geäußert, auf Lesbos zum Spielball für politische Entscheidungsträger*innen geworden zu sein. Sie werden dabei in Moria unter menschenunwürdigen Zuständen untergebracht, sind Polizeigewalt und bürokratischer Willkür ausgeliefert. Unserer Ansicht nach ist es daher umso wichtiger, bei der Gestaltung von Angeboten für Geflüchtete immer in einen Dialog zu treten und diese Arbeit gemeinsam umzusetzen.
Wir leisten auch weiterhin im Norden der Insel in Zusammenarbeit mit vier anderen Organisationen[2] Unterstützung, wenn Boote aus der Türkei ankommen. Während der letzten drei Wochen sind dort insgesamt 20 Boote mit 738 Menschen angekommen, 90% von ihnen aus Afghanistan. Am 29.07. sind nach einem Bootsunglück sechs Menschen auf ihrem Weg nach Lesbos vor der türkischen Küste ertrunken, drei von ihnen waren Säuglinge[3]. In 2018 sind bereits 106 Menschen bei der Überfahrt im östlichen Mittelmeer gestorben[4].
Der Großteil unserer Arbeit auf der Insel liegt darin, das Mosaik Support Center zu betreiben und gemeinsam auszugestalten. Wir haben mehr als 600 regelmäßige Teilnehmer*innen an Sprachkursen, Workshops, Sportkursen und anderen Angeboten. Außerdem gibt es eine kostenlose Rechtsberatung und einen Taschenworkshop im Haus. Am 27.07.2018 feierte Mosaik seinen 2-jährigen Geburtstag[5]. Da sich Mosaik ausschließlich aus Spenden finanziert, sind wir mit unserer Arbeit auf eure Unterstützung angewiesen.
[1]http://greece.greekreporter.com/2018/07/10/fresh-fighting-erupts-at-overcrowded-lesvos-refugee-camp/
[2]Refugee Rescue, Lighthouse Relief, UNHCR, IsraAid
[3]http://www.ekathimerini.com/231238/article/ekathimerini/news/three-babies-among-six-dead-as-boat-capsizes-off-turkish-coast
[4]https://missingmigrants.iom.int/region/mediterranean?migrant_route%5B%5D=1377 (zuletzt abgerufen am 28.08.2018)