Presseerklärung: Berufungsprozess gegen Amir und Razuli nach zwei Tagen Wartezeit bis zum 7. April 2022
Das Berufungsverfahren gegen die beiden jungen afghanischen Männer, die in erster Instanz wegen "Beihilfe zur illegalen Einreise" und "illegaler Einreise" nach Griechenland verurteilt wurden, wurde pausiert. Die Angeklagten Amir Zahiri (27) und Akif Razuli (24) wurden aus den Gefängnissen von Chios bzw. Serres nach Mytilene auf Lesbos gebracht und mussten dort an zwei aufeinanderfolgenden Tagen stunden lang mit Handschellen im Gerichtssaal warten und anderen Prozessen zusehen, während sie auf ihren eigenen warteten. Sie erhielten keinerlei Informationen darüber, ob und wann der Prozess stattfinden würde. Dieses Vorgehen verstösst gegen die griechische Strafprozessordnung. Schließlich wurde das Verfahren heute, am 18. März, um 14.30 Uhr eröffnet - nur um unmittelbar danach pausiert zu werden. Auch alle Zeug_innen, darunter Amirs Frau und ihre beiden Kinder sowie die internationalen Prozessbeobachter_innen, die aus verschiedenen europäischen Ländern und dem griechischen Festland nach Mytilene gereist waren, mussten ebenfalls erzwungenermaßen vor und im Gerichtsgebäude ausharren. Drei Mitglieder des Europäischen Parlaments waren gekommen, um als Zeug_innen auszusagen und den Prozess zu beobachten, ebenso wie der Seenotretter Iasonas Apostolopoulos.
Der Prozess wird in 20 Tagen, am 7. April 2022, fortgesetzt. Damit setzt sich die Kette der Ungerechtigkeit fort, mit der Amir und Razuli in den letzten Jahren konfrontiert waren: Amir und Razuli wurden am 12. März 2020 willkürlich verhaftet, für sieben Monate in Untersuchungshaft gehalten und im September 2020 ohne jegliche Beweise zu 50 Jahren Haft verurteilt. Nun wurde ihr Berufungsverfahren unterbrochene.
Ein griechische Prozessbeobachterin von Aegean Migrant Solidarity erklärte: "Die letzten zwei Tage waren sehr schwierig, vor allem für die Menschen, die schon so lange ohne Beweise inhaftiert sind. In diesen zwei Tagen wusste niemand, ob der Prozess stattfinden wird oder nicht. Das Gericht hat beschlossen, den Prozess heute zu starten und am 7. April 2022 fortzusetzen. Sie mussten anerkennen, dass der Prozess zu einer angemessenen Tageszeit beginnen muss, um durchgeführt werden zu können. Lasst uns alle am 7. April vor Ort sein!"
Marco Aparicio, Prozessbeobachter des spanischen Observatori DESC (ESCR Observatory) bemerkte:
"Das Urteil zu verschieben bedeutet, dass die Angeklagten nun noch länger in einem elenden Zustand verharren müssen. Amir und Razuli, ihre Angehörigen und Freund:innen haben das Recht, endlich über ihre Zukunft Bescheid zu wissen. Dieser Prozess zeigt in der Tat, dass Europa dazu benutzt wird, nicht die Verursacher des Leids zu kriminalisieren, sondern die Menschen, die leiden."
Lorraine Leete vom Legal Centre Lesvos, welches die Verteidigung von Akif Razuli übernommen hat, erklärt:
"Amir und Razuli hätten niemals verhaftet, geschweige denn verurteilt und ins Gefängnis gesteckt werden dürfen. Es gibt keine Beweise dafür, dass sie das Verbrechen begangen haben, das ihnen vorgeworfen wird. Auch wenn Amir und Razuli die zwei Jahre, die sie im Gefängnis verbracht haben, nie zurückbekommen werden, hoffen wir, dass dieser Justizirrtum bei der Fortsetzung d Berufungsverfahrens im nächsten Monat korrigiert wird."
Das Legal Centre Lesvos, Aegean Migrant Solidarity, borderline-europe e.V., You can't evict Solidarity und Deportation Monitoring Aegean haben den Prozess aufmerksam verfolgt. Wir werden uns weiterhin mit den Angeklagten solidarisieren, egal wie lange es dauern wird, bis Amir und Razuli Gerechtigkeit widerfährt.
Pressekontakte:
Marion Bouchetel, Legal Centre Lesvos, marion@legalcentrelesvos.org, Phone: +30 697 761 9003
Kim Schneider, You can’t evict Solidarity, cantevictsolidarity@riseup.net, Phone: +49 152 19255205