Nachrichtenüberblick - April 2018
Eine komplexe Thematik, menschliche Ausnahmesituationen und fragwürdige Politik – kein Wunder also, dass die Asylpolitik auch die Gerichte weltweit beschäftigt: Unser Nachrichtenüberblick für April.
I. Mittelmeer
Der Monat begann mit tragischen Nachrichten, als am 01. April 11 Menschen bei dem Versuch starben, die Straße von Gibraltar mit einem Schlauchboot zu überqueren[1]. Nahezu zeitgleich kam es im zentralen Mittelmeer erneut zu Konfrontationen zwischen zivilen Seenotrettungsorganisationen und der libyschen Küstenwache, als diese – in internationalen Gewässern – die Rettung hunderter Geflüchteter blockierte und die Menschen stattdessen wieder zurück nach Libyen brachte[2].
Insgesamt 100 Menschen starben im vergangenen Monat auf dem Mittelmeer[3]. Tausende weitere mussten aus Seenot gerettet werden, knapp 1.400 sogar an einem einzigen Wochenende[4].
Die zivile Seenotrettung wird nun wieder von der NGO Proactiva Open Arms unterstützt, deren Schiff nach der Konfiszierung im März am 16. April von den italienischen Behörden freigegeben wurde[5].
Die Iuventa, das Rettungsschiff der Organisation Jugend Rettet, bleibt hingegen weiter beschlagnahmt, wie das höchste ordentliche Gericht in Italien eine Woche später entschied[6].
II. Europa
Die Europäische Union, deren Reformpläne zum Asylrecht immer bedrohlichere Züge annehmen[7], macht immerhin Fortschritte bei ihrem Umsiedlungsprogramm für besonders Schutzbedürftige: Deutschland wird im Rahmen des Programms 10.000 Geflüchtete aufnehmen[8].
Ansonsten fiel die Bundesrepublik im April vor allem durch das Bekanntwerden erheblicher Fehler im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf[9]. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte außerdem, dass die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Geschützten grundsätzlich auch für Minderjährige gilt[10]. Am 23. April fand eine weitere Sammelabschiebung nach Kabul statt[11].
Während die Bundesregierung also weiterhin die Ansicht vertritt, die afghanische Hauptstadt sei grundsätzlich sicher genug für Abschiebungen, sorgte ein Gerichtsurteil aus Frankreich für Aufruhe. Darin wird anerkannt, dass Zivilist*innen in Kabul bereits aufgrund ihrer Anwesenheit in schwerwiegender Gefahr schweben[12]. In der EU begründet dies einen Anspruch auf subsidiären Schutz.
Die französische Nationalversammlung verabschiedete derweil am 22. April ein neues Asylgesetz, das u.a. kürzere Fristen, schnellere Verfahren und härtere Sanktionen für Asylbewerber*innen vorsieht[13].
Im ungarischen Parlament hat nach den Wahlen am 08. April unverändert die rechtsnationale Fidesz-Partei die absolute Mehrheit. Die OSZE bezeichnete den Wahlkampf u.a. als „fremdenfeindlich“[14].
Auf den griechischen Inseln, wo tausende Geflüchtete in völlig überlasteten Aufnahmecamps leben, ist die Lage weiterhin dramatisch. Für die bessere Integration und Unterbringung der Menschen erhält Griechenland nun 180 Mio. € Soforthilfe von der EU[15]. Der oberste griechische Gerichtshof entschied zudem am 17. April, dass das Land den Geflüchteten während ihres Asylverfahrens Bewegungsfreiheit gewähren muss – sie also nicht mehr zwingen darf, in den Lagern auf den Inseln auszuharren[16].
2017 war es auf Lesbos nach Protesten zu Ausschreitungen mit der Polizei und Festnahmen von 35 Geflüchteten gekommen. Am 30. April wurden 32 von ihnen zu Haftstrafen verurteilt – trotz eines erheblichen Mangels an Beweisen und Berichten von Gewalt und Willkür der Polizei[17].
Auch vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) war im vergangenen Monat zu hören: Anerkannte minderjährige Geflüchtete behalten ihr spezielles Recht auf Familienzusammenführung auch dann, wenn sie im Laufe ihres Asylverfahrens volljährig geworden sind[18]. Wer hingegen nach Folter in der Heimat an einer psychischen Krankheit leidet, hat dadurch allein noch keinen Schutzanspruch[19].
III. Naher Osten
Syrien wird nach der Geberkonferenz am 25. April weitere 3,7 Mrd. € Entwicklungshilfe, darunter eine Mrd. von Deutschland, erhalten[20]. Der vor dem dort tobenden Bürgerkrieg geflüchteten Bevölkerung drohen nach einem neuen Dekret von Präsident Assad massive Enteignungen[21]. Syrische Geflüchtete im Libanon werden darüber hinaus immer häufiger Opfer von Vertreibungen[22].
Im Nachbarland Israel verkündete Regierungschef Netanjahu am 03. April erst eine Vereinbarung mit dem UNHCR zur Umsiedlung von ca. 16.000 in Israel lebenden Geflüchteten aus Afrika, um sie wenige Stunden später wieder auszusetzen und sie kurz danach ganz zu verwerfen[23]. Die ursprünglichen Pläne der Regierung, die Menschen abzuschieben, wurden jedenfalls vorerst beiseitegelegt[24] – übrigens auch eine Entscheidung, die auf einem Gerichtsbeschluss beruht.
P.D.
[1] https://alarmphone.org/en/2018/04/06/another-tragedy-in-the-strait-of-gibraltar/?post_type_release_type=post
[2] http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/international/kritik-an-humanitaerem-notstand-im-mittelmeer;art46446,1227181
[3] https://missingmigrants.iom.int/region/mediterranean (Stand: 30.04.18)
[4] https://derstandard.at/2000078469613/Fluechtlinge-1-400-Menschen-binnen-zwei-Tagen-gerettet
[5] https://www.stol.it/Artikel/Politik-im-Ueberblick/Politik/Italiens-Justiz-gibt-beschlagnahmtes-NGO-Schiff-frei
[6] https://www.tagesschau.de/ausland/iuventa-125.html
[7] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1085574.fluechtlingspolitik-eu-plant-ende-des-asylrechts.html
[8] http://www.tagesschau.de/inland/eu-fluechtlinge-aufnahme-101.html
[9] http://www.dw.com/de/beim-bamf-werden-immer-mehr-missst%C3%A4nde-aufgedeckt/a-43480877
[10] http://www.asyl.net/index.php?id=114&tx_ttnews[tt_news]=60960
[11] http://www.dw.com/de/deutschland-schiebt-wieder-afghanen-ab/a-43516867
[12] http://www.taz.de/!5500831/
[13] https://www.phoenix.de/content//2570695
[14] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/osze-wahl-in-ungarn-lief-nicht-fair-ab-15533734.html
[15] https://ec.europa.eu/germany/news/20180403-soforthilfe-griechenland_de
[16] https://www.zeit.de/amp/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-04/griechenland-asylbewerber-bewegungsfreiheit-urteil-gericht?__twitter_impression=true
[17] http://www.taz.de/!5499421/
[18] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europaeischer-gerichtshof-staerkt-familiennachzug-fuer-junge-fluechtlinge-15538385.html
[19] http://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/EuGH-schraenkt-Schutz-fuer-psychisch-kranke-Fluechtlinge-ein
[20] http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-geberkonferenz-in-bruessel-hilfe-a-1204772.html
[21] https://www.tagesschau.de/ausland/syrien-enteignungen-101.html
[22] https://www.hrw.org/news/2018/04/20/lebanon-mass-evictions-syrian-refugees
[23] https://www.tagesschau.de/ausland/israel-un-111.html
[24] https://www.tagesschau.de/ausland/migranten-israel-107.html