Sudan: Dokumentation von 'enforced disappearances'
Was hat die Externalisierung der EU Grenzen in den Sudan mit dem Ausbruch des Krieges zu tun? Mit dem sog. Karthoum-Prozess (siehe auch hier) wurde die EU-Aussengrenze ausgelagert, in die Türkei und neuerdings Tunesien. Im Sudan wurde die Schließung der Grenzen durch Diktator El Bashir und seinen Erfüllungsgehilfen Hemetti ermöglicht. Wir arbeiten mit dem Africa Center for Justice and Peace Studies an der Dokumentation von Fällen von verschwundenen Aktivist*innen und Migrant*innen.
Welche Rolle spielt die Externalisierung der EU Grenzen für den Bürgerkrieg im Sudan?
Ohne Gelder der EU hätte der Milizenführer Hemetti nie die Stärke erreicht, um das Militär und die sudanesische Regierung herauszufordern. Am 15. April 2023 begann der Krieg zwischen Militär und Miliz im Sudan. Der Krieg hat mehr als sechs Millionen Menschen vertrieben, in die Flucht geschlagen, die Kriegstreiber haben Tausende von Menschen getötet, Frauen vergewaltigt und versklavt. Was hier unvorstellbar klingt, ist im Sudan bitterer Alltag.
General Hemetti war einst der Milizenführer, der mit seinen "Janjaweed-Truppen" in Dafur unsägliche Massaker und Vertreibungen verübt hat. Es ist jetzt gut 20 Jahre her, dass die Welt den Völkermord in Dafur verurteilte. Die Europäische Union hatte eine neue Beschäftigung für den Milizenführer: Hemetti sollte Flüchtenden und Migrant*innen die Route nach Norden, Richtung Mittelmeer, blockieren. Er wurde aufgerüstet und finanziell unterstützt. Mittlerweile hat er eine solide Wirtschaftsbasis: Verkauf und Verleih von Söldnern, Schutz von Goldminen gemeinsam mit den Wagnertruppen.
Seine 10.000 köpfige Truppen sind effektive Bodentruppen, geübt im Häuserkampf. Zum Zeitpunkt des Putsches 2021 war er so stark, dass er zum zweiten Mann im Staate avancierte, vor nun zwei Jahren als das Militär der Revolution ein Ende setzte. Der Krieg im Sudan brach aus, als Hemetti seine Machtbasis, seine Truppen, in die Regierungstruppen eingliedern sollte. Auf Druck der EU Sonderbeauftragten und des UN-Sonderbeauftragten, beide ehemalige Beschäftigte der Deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik, eine Art Think Tank der Bundesregierung. Der Rahmenvertrag für diesen Übergang wurde vom Max Planck Institut mitgestaltet. Schlecht gelaufen, könnte man sagen. Dieser Rahmenvertrag hat die Zivilgesellschaft ausgeschlossen, die Rolle der Zivilgesellschaft für eine friedliche Transition ignoriert. Nun kämpfen die Kombattanten auf Kosten der Bevölkerung, nehmen sie in Geiselhaft, vertreiben sie aus ihren Wohnungen und Stadtvierteln, verüben Greueltaten, töten und vergewaltigen.
Die Aufrüstung von General Hemetti ist damit eine "Root Cause", die zu einem Krieg geführt hat, der bisher mehr als 6 Millionen Menschen aus dem Land getrieben hat und zu etwa genauso vielen Binnenvertriebenen geführt hat, die in weniger betroffene Regionen geflohen sind. Im Krieg im Sudan gilt: Solidarität mit der Zivilbevölkerung und den Revolutionären ist kein Nice-to- have, sondern europäische Verantwortung, angesichts der Unterstützung die Hemetti aus Europa erhalten hat - auch angesichts des Versagens der internationalen Organisationen von UNMISS bis EU Special Envoyer und der deutschen Fachberater*innen, die den zivilen, friedlichen Kräften keine Chance gegeben haben.
Die Aufrüstung von General Hemetti ist damit eine "Root Cause", die zu einem Krieg geführt hat, der bisher mehr als 6 Millionen Menschen aus dem Land getrieben hat und zu etwa genauso vielen Binnenvertriebenen geführt hat, die in weniger betroffene Regionen geflohen sind. Im Krieg im Sudan gilt: Solidarität mit der Zivilbevölkerung und den Revolutionären ist kein Nice-to- have, sondern europäische Verantwortung, angesichts der Unterstützung die Hemetti aus Europa erhalten hat - auch angesichts des Versagens der internationalen Organisationen von UNMISS bis EU Special Envoyer und der deutschen Fachberater*innen, die den zivilen, friedlichen Kräften keine Chance gegeben haben.
Unsere Arbeit
borderline europe - Menschenrechte ohne Grenzen und das ACJPS (African Centre for Justice and Peace Studies) haben nur wenige Wochen vor Beginn des Krieges im Sudan mit dem Aufbau einer Datenbank begonnen. Trotz enormer Schwierigkeiten aufgrund von Strom- und Internetausfällen konnten wir die Datenbank programmieren und 25 Beobachter*innen, die meisten von ihnen vor Ort im Sudan, in den Bereichen Forced Disappearances und Dateneingabe schulen. Als sich die Gräueltaten und das Verschwindenlassen häuften, konnte die Dokumentation sofort beginnen. Bis heute wurden mehr als 700 Fälle von gewaltsamem Forced Disappareances dokumentiert. Drei verifizierte und gut dokumentierte Fälle sind bereit, dem UN CED für dringende Maßnahmen übermittelt zu werden.
In einer Veranstaltung Ende September haben wir gemeinsam mit Aktivist*innen aus dem Sudan über die Gräuel des Krieges und die aktuelle Situation berichtet.
Am 13. November wurde die Datenbank offiziell vorgestellt. Die gesamte Veranstaltung zum Nachsehen findet sich hier:
Weiterführende Informationen finden sich in unserer Studie zur Situation im Sudan:
Die Torwächter der Europäischen Union: Der Sudan nach El-Bashir
Weitere Hintergrundinformationen finden sich hier: